18. »zoom in« Festival 3. & 4. November 2022 Grosse Halle Reitschule Bern Es ist angerichtet. Das »zoom in« Festival präsentiert an seiner neuen Spielstätte ein fulminantes Programm. Im Zentrum steht ein neues Orchesterwerk von Éliane Radigue, welches vom Ensemble Vertigo der HKB gespielt wird. Während Künstler:innen wie Ryoko Akama (JAP), Julien Desprez (F), Billy Roisz/Dieb13 (AUT) ihre Solo- oder Duoarbeiten präsentieren, gibt es Gittarrenmusik von Pierluigi Billone und die Grossformation PERIFERIYA (CH/RU) zu entdecken. Programmbeginn jeweils um 19:30 RYOKO AKAMA »shimatsu 10« Speziell für diesen Eröffnungsabend wird die japanisch-koreanische Künstlerin, Ryoko Akama nach Bern eingeladen. Sie ist künstlerische Leiterin von ame c.i.c., das die DIY-Kultur und die Underground-Kunst/Musikszene fördert. Außerdem ist sie Mitbetreiberin des unabhängigen Verlags Mumei Publishing und der Melange Edition. Die Arbeiten von Ryoko Akama sind höchst poetisch. Mit Alltagsgegenständen und analogen Geräten schafft sie eine sublime, intime Atmosphäre, welche sich auf die Zuhöher:innen überträgt. Die Grosse Halle wird somit für kurze Zeit in einen hochsensiblen akustischen Körper der Wahrnehmung verwandelt. ryokoakama.com »OCCAM OCEAN« II (UA) by ELIANE RADIGUE & ENSEMBLE VERTIGO HKB and DEBORAH WALKER In den letzten 15 Jahren hat die heute 90-jährige Komponistin und Pionierin der elektronischen Musik, Éliane Radigue, eine Vielzahl von Werken in enger Zusammenarbeit mit Interpret:innen geschaffen. Diese „notationslosen“ Kompositionen sind das Ergebnis einer kreativen Beziehung zwischen Komponist:in und Performer:in. Bildhaftigkeit, mündliche Überlieferung, Erinnerung und ein nicht-hierarchischer Prozess sind Teil ihrer Arbeitsmethode. Wie bei ihren elektronischen Werken gilt ihr Interesse auch bei den akustischen Instrumenten dem Leben und der Natur der Klänge, ihrer spektralen Komplexität, ihrer inneren Entwicklung und ihrer gegenseitigen Interaktion. Radigues Occam Ocean (2011-) ist eine Serie von 25 unendlich kombinierbaren Soli, über 40 Kammermusikstücken und einem Orchesterwerk. Es scheint in der Tat so zu sein, dass der Ozean mit seinen vielfältigen Wellen es uns ermöglicht, symbolisch mit einem ziemlich großen Spektrum von vibrierenden Wellen in Kontakt zu kommen, das von großen Tiefseewellen bis hin zu kleinen Wellen reicht, die an einem schönen Sommertag glitzern. Die italienische Cellistin Deborah Walker und Christian Kobi leiten die Recherchen und Arbeitsphasen zusammen mit dem Ensemble, bestehend aus rund 35 Studierenden der HKB. Die Uraufführung OCCAM OCEAN II und weltweit erstmalige Erarbeitung mit einem Studierenden-Ensemble findet im Rahmen des »zoom in« Festivals in der Grossen Halle der Reitschule Bern statt. Dies ist eine Produktion der Hochschule der Künste Bern in Zusammenarbeit mit dem »zoom in« Festival. JULIEN DESPREZ »AGORA« Seit einigen Jahren ist Julien Desprez in der experimentellen Musikszene weltweit nicht mehr wegzudenken. Er gehört zu den wichtigsten Erneuern dieser Szene und tourt mit dem Trio MOPCUT auf vielen grossen Festivalbühnen. Mit dem Soloauftritt »AGORA«, bei dem die elektrische Gitarre, Elektronik und Effektpedale im Mittelpunkt stehen, geht Julien Desprez aufs Ganze. Der Körper steht im Mittelpunkt seiner Praxis und gleichzeitig wirft er hier eine Frage auf. Was soll man mit dem Körper und ihren dadurch erzeugten Bewegungen anfangen? Eine hoch energetische Arbeit lässt darin elektrische Hochspannung, Gitarre und Körper bis zum Bruch und zur Versöhnung miteinander dialogisieren. juliendesprez.com FRANCESCO PALMIERI »SGORGO Y« (2012) by Pierluigi Billone Francesco Palmieri – E-Gitarre Sgorgo kommt aus dem Italienischen sgorgare (ausgießen, herausfließen). Plötzlich und überraschend fließt etwas heraus: eine Welle von Energie. Zuerst sieht diese klangliche Welle nur chaotisch oder unfassbar aus, eine Art instabile und ständig in Schwingung befindliche Textur oder Artikulation. Die Notwendigkeit, die rechte Hand des Musikers immer auf dem Whammy Bar (der Vibrato-Stange) zu halten, ist der Grund dafür, dass alles andere mit der linken Hand gemacht werden muss. Die linke Hand ‹verkörpert› auch die rechte Hand (Funktion, Rolle, mögliche Artikulationen) und es geht um eine schwierige technisch/musikalische Herausforderung. »SGORGO Y« ist diese Komposition, welche 2012 von Pierluigi Billone komponiert wurde. Interpretiert wird der Klassiker unter der zeitgenössischen Gitarrenmusik von Francesco Palmieri. francescopalmieri.eu PERIFERIYA »TO-GATHER 1« ABSENCE Christian Kobi – Sopransaxophon, Verstärkung Tomas Korber – E-Gitarre, Electronics, ppooll Kurt Liedwart – Modular Synthesizer, Electronics, ppooll Christian Müller – Klarinette, Electronics Mikhail Myasoedov – Modular Synthesizer, Electronics Boris Shershenkov – Phonotrone Periferiya wurde 2019 von Christian Müller ins Leben gerufen, um die Kollaboration und das Netzwerk zwischen Russischen und Schweizer Musiker:innen der jüngeren Generation zu stärken – eine Zusammenarbeit, welche ausserdem mit dem Pro Helvetia „to-gather“ Förderpreis ausgezeichnet wurde.Eine verheerende Situation, welche allen hinlänglich bekannt ist, kappte die Kommunikation und bremste die Zusammenarbeit aus. Statt sich diesen äusseren Umständen widerstandslos hinzugeben, hat nun Periferiya kollektiv beschlossen, einen Weg zu suchen, um sich künstlerisch mit der Lage auseinander zu setzen und wollen auf der Bühne des »zoom in« Festivals ein Zeichen setzen. Die physische Abwesenheit der russischen Musiker hinterlässt jedoch Spuren – bildlich und buchstäblich: Stille statt Lärm, Regungslosigkeit wo Bewegung sein sollte, Isolation statt Austausch. Drei leere Plätze stehen für die Absenz der russischen Künstler, ein aleatorisches Steuerungssystem bemächtigt sich ihrer Audiospuren und steht für die Beliebigkeit und Zufälligkeit der aktuellen Kommunikationsmöglichkeiten. Die schweizer Musiker, welche live zu diesen Beiträgen spielen, werden in Echtzeit mit diesen Informationsfragmenten konfrontiert, müssen reagieren und Entscheidungen treffen. Ein risikoreiches Experiment, das Abwesenheit und Fremdsteuerung zum zentralen Thema macht. BILLY ROISZ / dieb13 »TWIXT« Billy Roisz – video score, electric bass, electronics dieb13 – video score, turntables, klopfer TWIXT ist ein neues Duo-Projekt von Billy Roisz und Dieter Kovacic alias dieb13, welches ihre Arbeiten als Filmregisseure und ihre Aktivitäten als Live-Musiker zusammenführt. Im Laufe der Jahre haben die beiden mehrere experimentelle Kurzfilme gedreht und produziert, die sich mit klassischen Filmgenres wie Western, Horrorfilm oder Roadmovie beschäftigen. Die Filme erforschen die inneren Mechanismen etablierter filmischer Konventionen und machen sie zu einer unmittelbaren sinnlichen Erfahrung. TWIXT verwendet neu arrangiertes Filmmaterial dieser Kurzfilme als Partitur für einen Live-Soundtrack und vermischt abstrakte und konkrete Bilder und Klänge zu einer synästhetischen Medienverschmelzung. dieb13.klingt.org